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Stefan Thiel | 15.01. - 18.03.2012

Die Technik des Scherenschnitts wird seit vielen Jahrhunderten als künstlerisches Ausdrucksmittel eingesetzt. In der Romantik erlebten die Silhouettenschnitte eine ungemeine Popularität und Künstler wie Philipp Otto Runge oder Henri Matisse konnten in diesem Medium ihren künstlerischen Ansatz hervorragend umsetzen. Seit ca. 30 Jahren ist zu beobachten, dass diese Technik von zeitgenössischen Künstlern wiederentdeckt wurde. Cut-outs, selten nur noch als Scherenschnitte, erscheinen zweidimensional, als skulpturales Objekt oder in filmischen Arbeiten.
Ein signifikantes Beispiel dafür sind die Papierschnitte von Stefan Thiel (*1965). Der Berliner Künstler studierte dort an der Hochschule der Künste von 1988 bis 1996 und war Meisterschüler bei Prof. Dieter Appelt. Bevor sich Thiel jedoch dieser Technik zuwandte, eine Entwicklung zum Bild, die für ihn folgerichtig war, übertrug er von 1994 bis 1998 Marquis de Sades skandalöses Romanfragment „Die 120 Tage von Sodom“ in die Blindenschrift. Sein konzeptioneller Ansatz dabei war die Übertragung des Textes durch die Braille-Schrift zu einer abstrakt-seriellen Struktur. Während hier die Perforation des Papiers in 25 Bänden mechanisch durch eine Blindenschreibmaschine erfolgte, übersetzt er in seinen Papierschnitten per Hand und Skalpell das Motiv bis ins kleinste Detail in Positiv-Negativ-Formen. Seine Papierschnitte neigen nicht zur Vereinfachung des Motivs. Thiel verkehrt das Prinzip ins Gegenteil: in ein kompliziertes und oft sehr filigranes Geflecht von Strukturen und Stegen.

In der Kunstsammlung Neubrandenburg werden 28 Exponate aus den Jahren 1994 bis 2012 gezeigt. 18 Papierschnitte werden durch acht C-Prints und zwei mehrteilige Installationen ergänzt.
Den Schwerpunkt bilden seit 2006 entstandene Papierschnitte zu verschiedenen Motivbereichen, u. a. Models, Netzstrumpfhosen oder Handtaschen aus der Modewelt, Landschaften oder Architekturdetails.
Das Werk zum Roman „Die 120 Tage von Sodom“ wird ebenfalls in der Ausstellung präsentiert.